Montag, 15. März 2010

VDH-Zucht vs. Hobbyzucht



Da wir uns nun endgültig entschieden haben zum Herbst hin ein neues Familienmitglied bei uns aufzunehmen, sind wir natürlich schon fleißig dabei uns über potentielle Züchter zu informieren.
Für uns war eigentlich schon von Anfang an, ohne je darüber diskutiert zu haben, klar, dass es ein Welpe aus einer VDH-Zucht sein soll. Für uns sind die Vorteile, die eine VDH-Zucht gegenüber der Hobby"zucht" bietet, offensichtlich und nicht weiter zu diskutieren. Leider scheinen wir mit dieser Einstellung oder Sicht eher in der Minderheit zu sein. Kommt dieses Thema auf, begegnet man uns mit Entsetzen bis hin zur Empörung.

"Tut es nicht auch ein normaler Hund?" "Mit Papieren kann ich auch nicht kuscheln." "Nur Snobs kaufen sich nen Rassehund!" "Mein Hund ist der tollste der Welt und auch nicht reinrassig." "Rassehunde sind doch alle überzüchtet. Mischlinge sind viel Robuster."

Dies sind nur kurze Auszüge von dem, was ich mir anhören kann, wenn ich stolz von meinem Plan erzähle, einen Hund aus der VDH-Zucht zu nehmen. Wie kommt es, dass so vehement gegen den VDH gewettert wird? Ist es Unwissen, Unverständnis, Vorurteil oder eigene Rechtfertigung?
Mich beschäftigt dieses Thema immer mehr, denn auch in meinem eigenen engen Umfeld stoße ich auf Ablehnung und Vorurteile. Deshalb hier mal mein Versuch den Unterschied zwischen Zucht und Vermehrung aufzuzeigen.
Für gewöhnlich findet hier der erste Aufschrei statt. Wieso bezeichne ich einen Hobbyzüchter nicht als Züchter, sondern Vermehrer?! Dies wird deutlich, wenn man sich allein den Begriff Zucht mal genau definiert.
Unter Zucht versteht man die kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel der genetischen Umformung. Dabei sollen gewünschte Eigenschaften verstärkt und ungewünschte Eigenschaften unterdrückt werden. Um die Ziele zu erreichen, werden durch den Züchter oder die Züchterin zum Beispiel nach einer Leistungsprüfung eine Zuchtwertschätzung durchgeführt, um dann gezielt Individuen mit gewünschten Eigenschaften durch Selektion zu wählen und gezielt miteinander zu kreuzen oder zu verpaaren.
Beim Decken des eigenen tollen Hundes mit einem anderen tollen Hund aus der Nachbarschaft geschieht nichts dergleichen, ist folglich also auch nicht als Zucht zu bezeichnen.


"Gut, aber was heißt den kontrollierte Zucht und Selektion? Ich hab meinen Hund auch aus einer Dissidenz-"Zucht" und er ist der tollste Hund der Welt. Wozu brauch ich nun diese Kontrolle und Papiere"

Berechtigte Frage schließlich behaupte ich auch mit Cara den tollsten Familienhund zu haben, der auch nicht an den VDH angeschlossen gezogen wurde. Bei näherem, kritischen und damit auch Emotionlosem Hinsehen muss man aber zugeben, dass dieser Hund, unabhängig wie toll er für uns ist, für eine Rassetypische Zuchtzulassung gänzlich ungeeignet ist. Häufig wird diese nüchterne Kritik am liebsten Familienmitglied als persönlicher Angriff betrachtet und macht somit jede weitere Diskussion überflüssig.


"Mal Butter bei die Fische! Was bietet mir der Verband an Vorteilen?"

Na Endlich!

  • Über Generationen hinweg lückenlose Ahnentafeln die Auskunft über die Gesundheit der Tiere in Bezug auf erbbedingte Krankheiten wie HD/ED, Epilepsie, Augenerkrankungen, Verdauungskrankheiten oder Wesensauffälligkeiten geben.
Auch wenn der Hund augenscheinlich noch so gesund, hübsch und lieb ist, kann niemand hinein gucken. folglich weiß auch keiner, ob der Nachwuchs des augenscheinlich gesunden Hundes nicht doch Gefahr läuft erbliche Krankheiten zu bekommen. Nicht wenige Erkrankungen breiten sich in der jeweiligen Folgegeneration aus. Wie viele Hunde sind nicht mehr Wesensfest? Auch unsere Cara würde bei einem Rassetypischen Wesenstest gnadenlos durchfallen. Für uns hat sie das tollste Wesen überhaupt, keine Frage. Aber Rassetypisch ist es nicht, wenn ein Jagdhund mit seinem Kaninchen lieber kuschelt, als es zu erlegen, zu apportieren oder vorzustehen. Klar für uns ist es niedlich anzusehen und angenehm einen Hund ohne Jagtrieb zu haben. Aber ist das Rassetypisch?

  • Jeder Hund der in die Zucht soll, muss sich einer kritischen Zuchtzulassungsprüfung mit diversen klinischen Untersuchungen (z.B Röntgenbefunden) und Rassespezifische Wesenstests (bei Labrador z.B Schussfestigkeit) stellen.
Das ganze nennt sich Selektion. Nur durch die Erhebung dieser Daten ist es möglich eine Selektion zur Verbesserung und Erhaltung der Rasse zu gewährleisten. Schlecht sozialisierte, aggressive oder gar kranke Tiere geben dies an ihre Nachkommen weiter. Was hat also ein junger, lahmer Hund als Zuchttier verloren? Will ich nicht das beste für die Rasse raus holen?

  • Die Vereine arbeiten mit großer Transparenz für den Kunden. So sind alle Show, Trainings- und Klinikergebnisse in einer großen Datenbank für jedermann abrufbar und nachvollziehbar.
Mich interessiert es schon deutlich, ob der Opa meines Welpen mal mit Aggressionen oder Gelenkerkrankungen notiert wurde.

  • Ein bestmöglicher Ausschluss von häufig auftretenden, erbbedingten Krankheiten ist somit weitestgehend ausschließbar.
Auch wenn unsere Cara für uns der größte Schatz ist und natürlich auch die Haltung in der Entwicklung eine große Rolle spielt? Aber ist es nicht für beide Seiten traurig und schade, wenn der Hund mit 7 Jahren schon eine deutliche Arthrose in den Vorderläufen entwickelt und obwohl er geistig noch ein Welpe ist, nicht mehr so spielen und laufen kann, wie er gerne würde? Ich finde es schade, meinen lieben Hund so früh schon so lahm sehen zu müssen. Wer weiß? Vielleicht waren die Hunde aus der Verwandtschaft auch schon so früh lahm? Einzelschicksal oder familiäre Häufung? Wir werden es so leider nie erfahren.

  • Die Tiere werden ihrer Rasse spezifisch ausgebildet und gefördert.
Der Merkmale der jeweiligen Rasse haben sich seit Beginn der Zucht auf einen Schwerpunkt ausgelegt. Triebe, Instinkte und Wesensmerkmale, die über Generationen dem Tier angezogen werden. Warum muss nun aus dem vermeintlichen Hütehund ein kinderfreundlicher Familienhund, aus dem Lauffreudigen und geistig arbeitendem Border Collie ein gelangweilter Sofahund werden? Wieso soll ein Jagdhund, dem über Generationen seine Aufgabe angezüchtet wurde sich nun bei einem aufgescheuchten Kaninchen uninteressiert zeigen? Such ich mir dann nicht lieber einen Hund, der für diese Merkmale gezüchtet wurde?

  • Durch vielfache und sachliche Prüfungen ist der Züchter besser in der Lage, seine Nachzucht gut zu sozialisieren und Rassetypisch vorzubereiten.
Sachkundenachweise gewähren zumindest, dass der Züchter sich mit dem Thema schonmal auseinander gesetzt haben muss, aber nicht, dass er dies auch weiterhin anwendet. Beim Vermehrer weiß ich aber noch nichtmal dies.

  • Regelmäßige Kontrollen von Verbandsrichtern garantieren eine Tier- und Rassegerechte Aufzucht.
Für mich auch ein Kriterium, welches den aktiven Tierschutz unterstützt. so ist gewährleistet, dass die Tiere auch wirklich in der vorgesehenen Zuchtstätte aufwachsen. Nicht selten hört man von Massenzuchtbetrieben, die unterschiedlichste Rassen in kleinen Kellerräumen, Verschlägen oder Ställen produzieren und zum Kundenbesuch in die Kulissenartige Showkabine setzen und dies unter familiärer Aufzucht abschreiben.

  • Die Vereine bieten den dort gezogenen Hunden die Möglichkeit auf Rassespezifische Ausbildungen, Ausstellungen und Sportereignissen, unabhängig von der Möglichkeit an Fortbildungen und Seminaren für den Hundehalter.

Vielleicht bekommen Hund und Halter doch Lust auf gelegentliche kleine Turniere im Bereich Agility, Dummytraining, Begeleithundeprüfungen, Workingtests etc.




Bietet dieser Hobbyvermehrer die gleiche Transparenz an, wie ein VDH-angeschlossener Zuchtverband? Kann mir ein Hobbyvermehrer auch nur einen dieser Punkte bieten?


"Der Züchter war so nett uns sympathisch. Seine Hunde waren hübsch und tolle Tiere. Die Zuchtstätte war sauber und auch mit den Hunden wurde zur Sozialisierung sehr viel gemacht."

Da ist es doch, unser Todschlagargument!
Natürlich kann auch ein Hobbyvermehrer ein guter Hundemensch sein, schöne, liebe Elterntiere haben und sich mit der Aufzucht und Sozialisierung seiner Welpen größte Mühe geben.
Aber wieso tut er das dann nicht unter dem Dach eines vernünftigen Verbandes? Oder gibt es doch etwas zu verbergen? Eigentlich ist es doch toll, wenn man von einer kompetenten Fachkraft bei der Wurfabnahme nochmal dafür bestätigt wird, alles gut und nach bestem Gewissen gemacht zu haben. Die Aufzucht einesWurfes kostet in beiden Fällen das Gleiche an Zeit, Aufwand und Geld. Warum dann nicht auch Qualitätsbemüht unterm Verbandsdach? Die Kosten zur Aufnahme und zu den Untersuchen relativiert sich durch den höheren Abgabewert der Welpen. Dies sollte eigentlich kein Thema sein.

2 Kommentare:

  1. Super! *daumenhoch* Kann ich nur absolut zustimmen! :-)

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  2. Interessanter Artikel. Von der Seite hab ich das ganze bisher gar nicht betrachtet. Hätte Falcos Züchter sich mehr Gedanken über HD gemacht hätte er vielleicht nicht schon mit 4 Jahren lahm gehen müssen. Vielleicht setz ich mich nach Falco mal mehr mit den Verbänden auseinander.

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